2024: Landtagswahl in Vorarlberg

Am 13. Oktober 2024 wird in Vorarlberg ein neuer Landtag gewählt. In diesem Bundesland gab es lange Zeit nur einen einzigen Arzt, der Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Nach zähen Verhandlungen und lautstarkem Druck der Vorarlberger Pro-Choice-Bewegung sind seit Oktober 2023 im Landeskrankenhaus Bregenz Schwangerschaftsabbrüche im Rahmen der Fristenregelung als Privatleistung möglich. Hier die Chronologie der Ereignisse

Radikale Abtreibungsgegner*innen versammeln sich seither regelmäßig vor dem Krankenhaus, um (ungewollt) Schwangere, Patient*innen und Klinikpersonal unter Druck zu setzen. Pro Choice Vorarlberg fordert daher die Einführung einer Bannmeile (hier Petition unterschreiben). 

Wie stehen die wahlwerbenden Parteien in Vorarlberg zum Recht auf Schwangerschaftsabbruch? Wollen Sie die Versorgung ausbauen oder nicht? Wie stehen sie zu kostenlosen Verhütungsmitteln für unter 20-Jährige? Diese und viele andere Fragen haben Pro Choice Vorarlberg und Pro Choice Austria vor der Landtagswahl an die Parteien gestellt. Ja-Nein-Antworten waren erbeten, bei Bedarf konnten Erklärungen formuliert werden, die wir hier dokumentieren. 

Übersicht der Positionen zu: Schutzzone vor dem LKH

Befürworten Sie die Umsetzung einer Schutzzone vor dem LKH Bregenz, damit ungewollt Schwangere, Patient*innen und Klinikpersonal nicht von Abtreibungsgegner*innen belästigt werden können?

Nein, das Demonstrationsrecht ist als Grundrecht ein hohes Gut, das es zu erhalten gilt. Die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen bieten genügend Möglichkeiten, um einzugreifen, wenn es zu Belästigungen oder Störungen kommt.

Wir sehen aktuell keine Notwendigkeit für gesetzliche Änderungen. Klar ist, dass der Schutz der schwangeren Frauen zu jederzeit sichergestellt werden muss. Auf der anderen Seite ist aber auch das Demonstrationsrecht zu wahren.

Die SPÖ befürwortet eine Schutzzone vor dem LKH Bregenz, damit die Frauen vor Belästigung und Übergriffen geschützt werden. Als Beispiel dient hier Wien, wo bereits 2008 derartige Schutzzonen errichtet wurden, um Frauen zu schützen und Abtreibungsgegner*innen in die Schranken zu weisen. Diese Schutzzonen sollten in ganz Österreich gewährleistet sein.

Ja! Wir NEOS sind für eine Schutzzone rund um das Krankenhaus, die Demonstranten davon abhalten soll, Patientinnen und Krankenhauspersonal zu stören und zu belästigen. Das ist für Frauen, aber auch für das Personal im Krankenhaus, in dieser schweren Situation unzumutbar. Die ÖVP und die Grünen schieben sich hier die heiße Kartoffel einfach hin und her, ohne eine Entscheidung zu treffen. Die Bekenntnisse von Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher und Gesundheitsminister Johannes Rauch bringen in der Sache offensichtlich keine Ergebnisse.

Nein, weil Lebensschützer auf dem Maria-Stromberger-Weg niemanden belästigt haben. Alles andere sind Verleumdungen.

Das Recht der Persönlichkeit höher zu bewerten als das Demonstrations- bzw. Versammlungsrecht und daher ist hier jedenfalls ein Ausgleich zwischen diesen Grundrechten zu finden. Ob dies durch eine Bannmeile oder andere Maßnahmen erfolgt (siehe zB unten Frage 2), muss die zuständige Behörde entscheiden, die dies auch gegenüber den Gerichten zu verantworten hat.

Übersicht der Positionen zu: Verbesserung des Zugangs

Sind Sie dafür, dass auch andere Krankenhäuser in Vorarlberg Schwangerschaftsabbrüche im Rahmen der Fristenregelung (also nicht medizinisch indizierte Abbrüche) anbieten?

Unser oberstes Ziel ist und bleibt es, ein „Ja zum Kind“ zu ermöglichen. Im Rahmen der Schaffung eines medizinisch sicheren Angebots für Schwangerschaftsabbrüche im Landeskrankenhaus Bregenz war für uns wesentlich, einen Fokus auf das Beratungs- und Informationsangebot zu setzen und dieses deutlich zu verstärken. Eine generelle Ausweitung des Angebots von nicht medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbrüchen auf weitere Krankenhäuser lehnen wir ab.

Die SPÖ fordert einen sicheren, legalen, wohnortnahen und kostenlosen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen – das bedeutet, dass der Schwangerschaftsabbruch raus aus dem Strafgesetzbuch muss und rein in die Gesundheitsleistung. Das würde auch sichere Abbrüche in den öffentlichen Spitälern garantieren.

Ja! Die Diskussion in Vorarlberg in der Vergangenheit haben gezeigt, wie schnell grundlegende Selbstbestimmungsrechte von Frauen unter Beschuss geraten. Gerade deshalb ist es wichtig diese Rechte in Vorarlberg abzusichern. Der einfachste Weg wäre noch immer, Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich auch in Landeskrankenhäusern zu ermöglichen. Ein Schwangerschaftsabbruch in den Räumlichkeiten eines Krankenhauses ist nicht nur einfach durchführbar, sondern garantiert den Frauen auch eine durchgängige medizinische Versorgung.

Nein, weil bei jedem Schwangerschaftsabbruch ein Mensch durch die Hand des Arztes getötet wird.

Ja, dies würde auch die Situation in Bregenz vor dem LKH automatisch entschärfen.

Übersicht der Positionen zu: finanzielle Hilfe

Befürworten Sie finanzielle Hilfe für ungewollt Schwangere, die sich den Eingriff finanziell nicht leisten können?

Aus Sicht der Volkspartei ist ein Schwangerschaftsabbruch eine Privatleistung und somit nicht aus öffentlichen Geldern zu finanzieren.

Eine Kostenübernahme sollte es nur bei Schwangerschaftsabbrüchen geben, die medizinisch notwendig.

Die SPÖ fordert einen kostenlosen und legalen Schwangerschaftsabbruch.

Ja! Wenn sich eine Frau den Eingriff finanziell nicht leisten kann, soll selbstverständlich eine finanzielle Unterstützung gewährt werden. Geld darf nicht über lebensentscheidende Gesundheitsfragen von Frauen entscheiden.

WIR sind Lebensschützer und lehnen jede finanzielle Hilfe zur Tötung eines Menschen ab.

Ja. Für alle Menschen die in Österreich leben (und zwar unabhängig von der Staatsbürgerschaft).

Übersicht der Positionen zu: kostenlose Verhütungsmittel

Sind Sie dafür, dass Verhütungsmittel für unter 20-Jährige kostenlos erhältlich sind?

Die Finanzierung solcher Produkte sehen wir nicht als Aufgabe der öffentlichen Hand.

Nein. Wir sehen die Notwendigkeit nicht, dass der Steuerzahler für gratis Verhütungsmittel aufkommen muss.

Ja, jede Frau hat das Recht auf reproduktive und sexuelle Gesundheit, daher fordert die SPÖ gratis Verhütungsmittel und Menstruationsprodukte.

NEOS fordern schon lange einen zeitgemäßen Sexualkundeunterricht sowie kostenlose Verhütungsmittel und einen möglichst niederschwelligen Zugang dazu. Denn je aufgeklärter eine Gesellschaft und je einfacher der Zugang zu Verhütungsmitteln, desto weniger Schwangerschaftsabbrüche gibt es.

Nein, weil Verhütungsmittel die Gesundheit der Mädchen und Frauen gefährden.

Ja, zu kostenlose Verhütungsmittel für Menschen die in Österreich leben (und zwar unabhängig von der Staatsbürgerschaft), die sich dies nicht leisten können. Es ist sozialpolitisch jedoch nicht richtig, Personen, die ein ausreichend hohes Einkommen haben, mit Steuergeld in diesem (oder auch anderen) Zusammenhängen zu fördern.

Übersicht der Positionen zu: Gendermedizin

Befürworten Sie den Ausbau zu Maßnahmen im Bereich Gendermedizin, insbesondere Endometriose-Aufklärung und Wechseljahre-Aufklärung?

Ja. Frauen und Männer sind unterschiedlich und haben bei vielen Krankheiten andere Symptome – das ist sowohl für die Vorsorge als auch für die medizinische Behandlung entscheidend. Bis in den 90er Jahren wurden Medikamente beinahe ausschließlich an Männern getestet, für die Dosierung wurde dann nur die Körpergröße und das Gewicht geändert. Das führte dazu, dass die spezifischen Bedürfnisse von Frauen viel zu wenig beachtet wurden. Das gilt es zu ändern. Darüber hinaus soll es an jeder medizinischen Fakultät eigene Professuren für Gendermedizin geben.

Ja! Gendermedizin muss flächendeckend ein Aspekt von guter Gesundheitsversorgung sein und darf nicht als Nischenthema oder Sonderfach betrachtet werden. Dafür braucht es umfassende Weiterbildungen in der gesamten Ärzteschaft und bei allen anderen Gesundheitsberufen und eine systematische Berücksichtigung des Themas in Ausbildungen.

WIR lehnen jede Form der „Gendermedizin“ ab.

Jede Maßnahme, welche die Gesundheit der Bevölkerung, völlig unabhängig vom Geschlecht, fördert, ist zu befürworten.

Übersicht der Positionen zu: Gewaltschutz

Sind Sie für den Ausbau von Gewaltschutzinitiativen und Männerberatung?

Ja. In Österreich ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass einer Frau Gewalt angetan wird. Die SPÖ fordert einen Nationalen Aktionsplan Gewaltschutz, unter der ehemaligen Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek gab es einen solchen. Mit einem Nationalen Aktionsplan wären die einzelnen Ministerien verpflichtet die Lücken im Gewaltschutz zu schließen. Dazu zählt auch ein Ausbau der Bubenarbeit und Männerberatung.

Opferschutzeinrichtungen und Gewaltberatungsstellen sind nicht nur dringend notwendig, sondern müssen auch dringend ausgebaut werden. Um gewaltbetroffenen Frauen zu helfen, braucht es aber mehr: Wenn es um die Prävention geht, müssen mehr finanzielle Mittel in echten Gewaltschutz investiert und stärker auf echte Prävention gesetzt werden, sonst können wir die Ursachen nicht bekämpfen. Am wichtigsten ist dabei die finanzielle Selbstbestimmung von Frauen zu stärken und Abhängigkeiten von Männern zu verhindern – „die Freiheit eine Frau beginnt in ihrer Geldbörse!“.

Ja, auf jeden Fall. WIR sind für neue, erfolgreiche Hilfsangebote bei Männer- und Frauengewalt.

Der Schutz von Personen vor Gewalt ist unabhängig vom Geschlecht zu gewährleisten und muss bereits sehr früh beginnen und hierfür ist die Beratung, die Vorbildwirkung und die Einbeziehung der Medien das beste Mittel dafür.